Schon seit der Hansezeit bestehen enge wirtschaftliche Beziehungen zwischen Deutschland und Finnland. Da die Länder über starke kulturelle Gemeinsamkeiten verfügen, gestalten sich die Geschäftsbeziehungen zwischen Finnen und Deutschen meist ohne größere Komplikationen. Missverständnisse im Umgang miteinander sind aber bereits aufgrund einiger Kommunikationsunterschiede durchaus möglich. Die folgenden Tipps zu kulturellen Stolpersteinen im Umgang mit finnischen Geschäftspartnern sollen die Zusammenarbeit erleichtern.
Begrüβung und Anrede
Das Händeschütteln ist auch in Finnland bei der Begrüßung durchaus die Regel, beim Verabschieden wird jedoch oft darauf verzichtet. Auch die Namensnennung spielt für Finnen keine groβe Rolle, was sich auch im Kontext der schriftlichen Kommunikation bemerkbar macht. Ein „Hyvää päivää“, „Hei“ oder „Guten Tag“ ohne direkte Namensnennung ist jedoch genauso freundlich und persönlich gemeint wie ein „Guten Tag, Herr Meier“.
Duzen versus Siezen – Symbol für eine flache Hierarchiestruktur
Da das Siezen in Finnland eher die Ausnahme als die Regel darstellt, kann es passieren, dass die finnischen Geschäftspartner bei Verhandlungen auf Deutsch (versehentlich) duzen. Dies sollte keinesfalls als mangelnder Respekt verstanden werden! Auch Vorgesetzte werden geduzt und mit Vornamen angesprochen. Dies und die Tatsachen, dass die Kontaktaufnahme zu Entscheidungsträgern in Firmen oft unkompliziert und der Umgang zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern locker ist, bezeichnet die flachen Hierarchiestrukturen in diesem nordischen Land.
Sprechpausen und Unterbrechen
Finnen gelten als weltbeste Zuhörer und erwarten auch von der Gegenseite konzentriertes Zuhören. Vermeiden Sie also unbedingt ein zu hektisches Sprechtempo und unterbrechen Sie Ihre finnischen Geschäftspartner nicht! Die finnischen Sprechpausen können aus deutscher Perspektive mitunter lang wirken. Das Schweigen hat in der finnischen Kultur jedoch eine andere Funktion und wird nicht als Störfaktor empfunden.
Explizität wird in Finnland anders gedeutet: Wiederholungen werden vermieden und auf Fragen oder ausführliches Feedback wartet der deutsche Counterpart oft vergeblich. Als Faustregel gilt: Wenn Sachverhalte nicht groβ kommentiert oder hinterfragt werden, kann man davon ausgehen, dass alles „im grünen Bereich“ ist.
Sich bedanken – „Kiitos!“
Die finnische Sprache kennt kaum Höflichkeitsformen und -floskeln, wie sie z.B. im Deutschen oder auch in anderen Sprachen zu finden sind. Auch das finnische Wort für „bitte“ wird nur selten verwendet. Daher können Fragen und Bitten von Finnen in der deutschen Sprache zuweilen sehr direkt wirken.
Während das Wörtchen „bitte“ von Finnen eher selten benutzt wird, kommt das Wort „danke“ (finn.: „Kiitos“) sehr viel häufiger vor. Als ausländischer Geschäftspartner fahren Sie gut, wenn Sie sich z.B. nach dem Essen, einem Empfang oder für ein effektives Meeting ausdrücklich bedanken.
Verhandlungen und Meetings
Auch in Finnland wird vor einem Meeting eine Agenda erstellt, die aber nicht so sehr ins Detail geht wie in deutschen Gefilden. Verträge werden ebenfalls nicht ganz so ausführlich formuliert. Verträge und Agendas lassen allgemein mehr Spielraum für spätere Änderungen. In Finnland werden übrigens auch heutzutage noch mündliche Vereinbarungen als genauso verbindlich eingestuft wie schriftliche Ausführungen.
Finnische Bescheidenheit
Allgemein gilt: Das finnische Understatement ist ein sympathischer Wesenszug, der aber aus deutscher Perspektive oft Zweifel an der Kompetenz aufkommen lässt. Sollte die Selbstprofilierung einer finnischen Firma also nicht ganz den deutschen Erwartungen entsprechen, lohnt es sich, diesen Punkt zu berücksichtigen. Finnen „fremdeln“ mit Selbstlob und Self-Marketing, beweisen aber erfahrungsgemäβ schon in kürzester Zeit auf pragmatische Art ihr Können.
Auch das Gröβengefälle sorgt oft für eine Unterschätzung finnischer Unternehmen – es gilt also zu berücksichtigen, dass Finnland nur 5,2 Mio. Einwohner hat und KMUs hier über höchstens 250 Mitarbeiter verfügen.
Sommerpause und Feiertage
Zum Schluss noch zwei praktische Hinweise auf zeittechnische Faktoren, die in deutsch-finnischen Kooperationen oft für Verwirrung sorgen: Die Schulferien in Finnland beginnen einheitlich bereits am ersten Wochenende im Juni und dauern bis Mitte August. Innerhalb dieses Zeitraums geht es auch in der finnischen Wirtschaft äuβerst ruhig zu. Besonders im Juli sind viele Firmenmitarbeiter und Vorgesetzte nur schwer oder gar nicht zu erreichen.
Schon in der Woche vor dem Mittsommernachtsfest, das jedes Jahr am Samstag zwischen dem 20. und 26. Juni stattfindet und in Finnland einen hohen Stellenwert hat, sollten keine wichtigen Termine mit finnischen Geschäftspartnern vereinbart werden. Dagegen wurden in Finnland viele Feiertage auf das Wochenende verlegt und die deutschen Feiertage plus eventuelle Brückentage in den verschiedenen Bundesländern sorgen für organisatorische Herausforderungen auf finnischer Seite.
Autorin: Birgit Griese-Saarinen – Birgit Griese-Saarinen hat sich auf Training und Consulting in finnischen und deutschen Unternehmen spezialisiert. Sie spricht neben Deutsch, fließend Englisch und Finnisch. Die Autorin verfügt über jahrlanger Erfahrung in diversen Arbeitsbranchen.
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