Hierarchie- und Statusdenken in Thailand

Laut Konfuzius kann ein reibungsloses Miteinander in einer Gesellschaft nur funktionieren, wenn jeder seinen festen Platz hat. Die soziale Struktur einer Gesellschaft wird dadurch deutlich, dass stets eine Person über der anderen steht: So steht der König über dem Volk, die Eltern über ihren Kindern, der Lehrer über seinen Schülern und der Vorgesetze über seinen Mitarbeitern.

Wo stehst du?

Thailänder akzeptieren nicht nur die hierarchische Differenzierung zwischen Personen, sondern wünschen diese auch! Dementsprechend sollten Sie die unterschiedlichen hierarchischen Stufen im Geschäftsleben keinesfalls ignorieren. Das ist allerdings oft gar nicht so einfach – auch nicht für Thailänder selbst. Trifft ein Thailänder auf einen Fremden, versucht er automatisch diesen hierarchisch richtig einzuordnen. Denn nur wenn die soziale Position des neuen Kontaktes klar ist, kann man sein Gegenüber korrekt behandeln. Der Status einer Person kann zum Beispiel aufgrund der Kleidung, des äußeren Erscheinungsbildes, des Alters, der beruflichen Position, des Familiennamens, der sozialen Verbindungen oder aufgrund von Statussymbolen oder Einkommen deutlich werden. Als ausländischer Manager ist es daher wichtig, sich entsprechend des eigenen Status zu kleiden und zu präsentieren. Oft wird man auch direkt nach diesen Merkmalen gefragt, was Ausländer häufig als sehr persönlich und indiskret empfinden. Für Thailänder ist dies einfach ein Mittel zum Zweck.

Nach Ranghöhe grüßen

Bereits bei der Begrüßung gilt es, hierarchische Unterscheidungen richtig zu treffen. Die jüngere Person grüßt die ältere Person bzw. der hierarchisch Untergeordnete begrüßt den Höhergestellten zuerst. Dazu werden die Hände vor dem Körper zum traditionellen Wai gefaltet und man verbeugt sich leicht. Je höher die gegenüberstehende Person hierarchisch steht, desto höher zeigen die Fingerspitzen und desto tiefer verbeugt man sich. Für die gefalteten Hände lassen sich in etwa vier Höhen unterscheiden: Brust, Kinn, Nasenspitze und Stirn. Ranghöhere erwidern den Wai häufig nicht. Daneben ist zu beachten, dass Dienstpersonal, Kellner, Verkäufer etc. ebenfalls nicht zurückgegrüßt werden. Da das Hierarchiedenken fest in der Gesellschaft verankert ist, würde man mit einem vielleicht aus westlicher Sicht freundlich gemeinten Gruß Untergebene eher in Verlegenheit bringen als sie als Person aufzuwerten. Die westliche Denke, alle Menschen sind letztlich gleich, ist in Thailand nicht vorhanden.

Nutzen Sie den Wai außerdem nicht nur als Gruß, sondern auch um sich zu bedanken oder generell einer Person Respekt zu erweisen. Als Ausländer wird man es Ihnen aber auch nachsehen, wenn Sie den Wai lediglich mit einem freundlichen Lächeln und einem leichten Kopfnicken erwidern.

Thailänder, die den Kontakt zu Ausländern nicht gewöhnt sind, haben vielleicht Schwierigkeiten, Sie in der gesellschaftlichen Hierarchie richtig einzuordnen. Um keinen Fehler zu machen und dadurch das Gesicht zu verlieren, wird man Sie vielleicht einfach ignorieren und gar nicht grüßen. Diese unangenehme Situation lässt sich umgehen, indem man seinen direkten Kontakt bittet, einen mit Name und Position vorzustellen. Man wird Sie entweder mit Mr. Müller oder Khun Claus ansprechen, wobei „Khun“ die höfliche Bezeichnung für Herr/Frau ist. In Thailand spricht man sich tendenziell mit dem Vornamen, und wenn man sich dann besser kennt, mit einem persönlichen Spitznamen an.


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Visitenkarten Aufmerksamkeit schenken

Im Geschäftsleben helfen vor allem Visitenkarten, den Status eines Geschäftspartners richtig einzuordnen. Nach der Begrüßung wird die Visitenkarte mit beiden Händen übergeben. Wenn möglich, sollte die hierarchisch höchste Person die Visitenkarte zuerst erhalten. Schenken Sie der erhaltenen Visitenkarte ein paar aufmerksame Blicke oder machen Sie eine wertschätzende Bemerkung. Erst dann dürfen Sie die Visitenkarte sorgsam in ein Etui loder aber vor sich auf den Tisch legen.

Hierarchische Meetingkultur

Auch im gemeinsamen Meeting kommt die hierarchische Struktur der anwesenden Personen zum Tragen und spiegelt sich zunächst in einer genau ausgefeilten Sitzordnung wider. Bei einem ersten Treffen mit thailändischen Geschäftspartnern sollten Sie deshalb vorab eine Teilnehmerliste schicken, damit man den jeweiligen Status Ihrer Delegationsmitglieder richtig einordnen kann. Daneben gilt, dass in der Besprechung die Meinung der höhergestellten Personen stets respektiert und auf keinen Fall in Frage gestellt oder gar kritisiert werden! Rechnen Sie außerdem damit, dass sich rangniedrigere Mitarbeiter im Meeting kaum zu Wort melden und auch Fragen werden Sie – wenn überhaupt – nur vom Chef des Unternehmens oder der Abteilung hören. Ansonsten wird man Ihnen freundlich lächelnd und nickend zuhören.

Respektvoll Präsentieren

Halten Sie eine Präsentation, sollten Sie den Ranghöchsten im Raum stets direkt ansprechen. Auch begleitende Informationsmaterialien, Handouts etc. müssen immer zuerst an die Ranghöchsten ausgegeben werden. Weil man Sie als Präsentator nicht in Verlegenheit bringen möchte, werden sich Ihre thailändischen Zuhörer mit Nachfragen oder kritischen Anmerkungen sehr zurückhalten. Die Wahrung der Harmonie steht an erster Stelle. Mit Anmerkungen oder Nachfragen wird man daher nur unter vier Augen im Anschluss Ihres Vortrages auf Sie zukommen. Dann wird es geschätzt, wenn Sie für Gespräche ausreichend Zeit mitbringen.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.


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