Einblicke in das interkulturelle Web-Design

Für uns Deutsche wirken diese Seiten ziemlich überladen. Vor allem die Blinkerei in allen Ecken ist für das westeuropäische oder auch amerikanische Auge recht gewöhnungsbedürftig.

Das ist eigentlich nur ein kleines Beispiel für Unterschiede im internationalen Web-Design. Sobald man sich etwas intensiver mit dem Thema beschäftigt, fällt auf, dass es noch vieles mehr zu entdecken gibt. Sei es für eine internationale Webseite mit Online-Shop oder ein internationales Forum, nicht nur auf sprachlicher Ebene, sondern auch im Hinblick auf das Design gibt es ein paar grundlegende Dinge zu beachten. Mit den folgenden sechs Einblicken möchte ich Ihnen eine Einführung in dieses spannende Thema geben:

Informationserwartung an die Webseite

Betrachtet man z.B. High-Context- und Low-Context-Kulturen, fallen zwischen den beiden Kulturebenen enorme Unterschiede auf. In einer High-Context-Kultur werden relativ wenig Informationen auf direktem Wege kommuniziert. Zu diesen Kulturen gehören z.B. China, Japan und Korea. Die Informationen lassen sich eher aus dem Kontext herausholen, durch gemeinsame Aktivitäten, Bräuche oder Geschichten. Im Web-Design werden die Informationen daher auch nicht gleich offensichtlich vermittelt, sondern eher versteckt. In diesen Kulturen ist das Individuum Teil eines eng verknüpften Netzwerks, es sucht nicht auf Webseiten nach Informationen über ein Produkt, sondern interessiert sich mehr für die Unternehmenskultur, die Mitarbeiter, also mehr für die Geschichten um das Produkt herum. Dies erklärt die vielen Verlinkungen und vielen blinkenden Buchstaben/Symbole auf asiatischen Webseiten.

In einer Low-Context-Kultur wie den USA, Großbritannien oder Deutschland hingegen erwartet man die wichtigsten Informationen klar und einfach zugänglich. Die Betrachtungsweise einer Webseite ist darauf ausgelegt, innerhalb von Sekunden den Button für Kaufen oder eine Kontakt-Telefonnummer zu erkennen. In diesen Kulturen steht das Individuum an erster Stelle, es sucht konkret nach den wichtigsten Informationen und erwartet, dass alle relevanten Informationen einfach zugänglich gemacht werden. Ist dies nicht der Fall, fühlt sich ein Angehöriger der Low-Context-Kultur nicht gut aufgehoben, was zum Kaufabbruch in einem internationalen Web-Shop führen kann.

Die meisten Unterschiede für ein optimales Web-Design gibt es also zwischen Low-Context-Kulturen und High-Context-Kulturen, also zwischen den westlichen Ländern und vielen asiatischen Ländern. Während man beim Web-Design für westliche Länder mit minimalistischen Standards recht gut beraten ist, zählen in asiatischen Kulturen andere Werte, welche es erforderlich machen, sich sehr genau mit der Kultur und deren Eigenschaften zu beschäftigen.

Bedeutung von Farben

Verschiedene Länder bringen auch unterschiedliche Bedeutungen der Farben in der Gesellschaft mit sich. Hier gibt es in paar grundlegende Unterschiede, welche ich anhand der Farben Rot und Weiß erläutern möchte.

Für uns Deutsche hat die Farbe Rot eine Alarmwirkung und es fällt schwer, Webseiten zu finden, die diese Farbe als Hintergrund gewählt haben. Ganz anders in China: Hier ist Rot die Farbe der Freude und Heiterkeit, in Japan verbindet man sie hingegen eher mit Aggressivität und Gefahr. In Ägypten ist es die Farbe des Todes/der Trauer.

In mehreren Ländern, wie Japan, Indien und China ist Weiß die Farbe des Todes/der Trauer. Nicht so bei uns in Deutschland oder in den USA, wo Weiß gerne mit Reinheit in Verbindung gebracht wird. In Ägypten wiederum ist es die Farbe der Freude und Heiterkeit.

Schlussfolgernd sollte man sich im Web-Design überlegen, ob die Hauptfarbe für andere Länder nicht angepasst werden sollte, um kulturell bedingte Abneigungen zu vermeiden.

Mit welchen Wortlängen ist zu rechnen?

Jede Sprache hat ihre besonderen Eigenschaften. Lokalisierungsspezialisten können Ihnen genau sagen, wieviel Prozent mehr oder weniger Platz einkalkuliert werden sollte, wenn Sprache A in Sprache B übersetzt wird. Vom Deutschen ins Französische rechnet man ungefähr mit 30 Prozent mehr Platz. Vom Deutschen ins Japanische benötigt man ca. 30 Prozent weniger Platz. Bei einer Übersetzung vom Englischen ins Spanische sollte man ungefähr doppelt so viel Platz einkalkulieren. Einige Beispiele dazu finden Sie in den Globalization Guidelines von IBM.

Diese Informationen sind besonders wichtig für Textfelder, in denen Produkte beschrieben werden. Schaut das noch gut aus, wenn der Text doppelt so lang geworden ist? Sollten die dazugehörigen Bilder ggf. anders angeordnet werden? Wie sehen die Formularfelder aus, wenn sie viel kürzer ausfallen, weil das Wort für X in der Sprache Y nur noch drei Buchstaben hat?

Datumsschreibweisen, Telefonnummern und Adressfelder

Auch in Bezug auf die Schreibweise von Daten, Telefonnummern und Adressen gibt es regionale Unterschiede, die beim Programmieren von Formularfeldern zu beachten sind. Besonders hervorheben möchte ich hierbei, dass die Datumsformate von Land zu Land verschieden sind und die falsche Verwendung zu größeren Missverständnissen führen kann. Denken Sie z.B. an die Angabe eines Liefertermins. Dieser sollte in jedem Fall klar verständlich kommuniziert werden.
Beispiel: In den USA schreibt man 4-09-2014, während das deutsche Datumsformat 09.04.2014 lautet.

Sollten Sie einen Web-Shop internationalisieren, sind die Angabe von Telefonnummern und Adressen ein weiteres Beispiel für unterschiedliche Formate im Ausland.

Beispiel: In Großbritannien benötigt man mindestens eine zusätzliche Zeile, weil die Postleitzahl üblicherweise in der Zeile nach der Stadt steht und häufig vor der Straße ein Gebäudename aufgelistet wird. In Frankreich beispielsweise steht die Hausnummer vor der Straße.
Bei Telefonnummern sollte immer auf die internationale Vorwahlnummer geachtet werden und die Felder so angelegt werden, dass diese eingetragen werden können.

Benutzung von Symbolen

Die Verwendung von Symbolen ist mit Vorsicht zu genießen. Sehr häufig sieht man im Englischen das Raute-Zeichen „#“ – es wird dort z.B. für “number”, “feet”, “minute” bzw. auch für “inch” eingesetzt. In einer anderen Sprache würde man mit diesem Zeichen wohl sehr viele Menschen verwirren.

Das “Daumen-hoch-Symbol” zeugt in den meisten europäischen Ländern und auch in Amerika für etwas Positives. Nicht so im Mittleren Osten, dort wird es als Beleidigung interpretiert.

Bitte arbeiten Sie nicht mit Abkürzungen. In anderen Sprachen können diese anders aufgenommen oder gar missverstanden werden.

Ungewissheit und Risikobereitschaft

Bei diesem Punkt betrachten wir eine der Kulturdimensionen nach Hofstede genauer: In manchen Kulturen bleibt man angesichts einer gewissen Ungewissheit eher entspannt, in anderen hat man Schwierigkeiten, sich auf Unvorhergesehenes einzustellen. Dieses Wissen über die Kulturdimension ermöglicht es, den Stellenwert gewisser Inhalte auf einer Webseite zu berücksichtigen. Wenn Sie eine Kultur ansprechen, welche Unsicherheit vermeiden möchte, haben folgende Inhalte einen höheren Stellenwert:

  • Gütesiegel, Zertifikate auf der Webseite
  • Traditionen und Geschichte des Unternehmens belegen Expertise und Erfahrung
  • Einrichten und Pflegen eines Blogs, um die Expertise zu veranschaulichen
  • Kundenreferenzen

Beispiele für diese Länder sind u.a. Japan, Frankreich und Spanien.

Fazit

Es gibt noch eine Menge mehr zu beachten, wenn eine Webseite lokalisiert wird. In diesem Artikel habe ich ein paar wenige Punkte näher betrachtet, welche sich auf das Design der Seite auswirken können. Neben einer guten Übersetzung sollten immer auch die interkulturellen Aspekte betrachtet werden, die weniger mit dem Design, dafür aber mehr mit der direkten Kundenansprache zu tun haben. Falsche Annahmen oder Nichtwissen können dazu führen, dass das neue ausländische Publikum die Seite zwar findet, aber nicht wiederkommt, weil es sie entsprechend seines speziellen Kultur-Codes als unseriös einstuft.

Autorin: Friederike Gonzalez Schmitz

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