Kulturelle Unterschiede Ostafrika

In ostafrikanischen Ländern wie Tansania, Kenia, Uganda, Burundi, Ruanda und Malawi ist es essentiell, sich bei der Projektanbahnung genügend Zeit zu lassen. Um eine gewisse Vertrauensbasis herzustellen, ist es nicht ungewöhnlich, mit potenziellen Geschäftspartnern erst einmal ausgiebig über Privates zu sprechen. Die Familie ist in ostafrikanischen Gesellschaften sehr wichtig und wird daher gerne zum Gesprächsthema erhoben. Gemeinsam Essen gehen und sich gegenseitig Besuchen sind weitere probate Mittel, um sich gegenseitig besser kennenzulernen. Achten Sie generell darauf, nicht nach deutscher Art mit der Tür ins Haus zu fallen, sondern ausreichend Zeit vergehen zu lassen, bis man nach und nach zum Geschäftlichen übergeht.

Ausführliche Begrüßung

Vor diesem Hintergrund gilt es, die Begrüßung potenzieller Geschäfts- und Projektpartner angenehm zu gestalten. Eine lange, ausführliche Begrüßung ist für Ostafrikaner sehr wichtig. Es gilt als höflich, nach der Familie, dem Haus, dem Wetter, der Anreise und dem Allgemeinzustand zu fragen. Um von Anfang an eine Brücke zu schlagen, ist es besonders empfehlenswert, zumindest ein paar Swahili-Floskeln zu lernen und damit das Gespräch zu eröffnen. Im weiteren Verlauf kann dann die Sprache gewechselt werden.

Besonders in Tansania, Burundi, Ruanda, Malawi und Uganda sollten Sie unbedingt darauf achten, welchen Rang und welchen Alters die Person ist, mit der Sie sprechen. Besonderer Respekt und Höflichkeit gegenüber älteren und/oder um Rang höheren Menschen ist äußerst wichtig. Ein Verstoß gegen das geltende Senioritätsprinzip kann sehr brüskieren.

Darüber hinaus macht ein kräftiger Handschlag einen guten Eindruck. Ideal ist es, wenn die Hand des Gegenübers mit beiden Händen umfasst wird. Frauen sollten darauf achten, Männern nicht zu stark in die Augen zu sehen, da das schnell falsch verstanden werden kann. Ostafrikanische Frauen senken meist Männern gegenüber ihren Blick. Das wird von europäischen Frauen zwar nicht erwartet, ein zu starkes „Starren“ kann aber verunsichern.

Führungskräfte haben in Meetings das letzte Wort

Nach einer langen Begrüßung müssen Sie sich auch auf lange dauernde Meetings einstellen. Dies ist teilweise der Tatsache geschuldet, dass Ostafrikaner sehr indirekt kommunizieren. Vor allem kritische Punkte müssen sehr sachlich und höflich geäußert werden. Westliche Manager gelten wegen ihres vergleichsweise sehr direkten Kommunikationsstils daher oft als zu „draufgängerisch“ und unhöflich.

Daneben sind in den Gesprächen die jeweiligen Hierarchiestufen der einzelnen Teilnehmer zu beachten. Generell gilt: Führungskräfte bekommen das erste und das letzte Wort. Es ist dennoch wichtig, alle Teilnehmenden eines Meetings ausreichend zu Wort kommen zu lassen, auch wenn die letztendliche Entscheidung beim Ranghöchsten liegt. Präsentationen sollten vor allem nutzenorientiert ausfallen.
Zu spät kommen darf bei einem Meeting der, der den höheren Rang hat. Von allen anderen wird Pünktlichkeit erwartet, auch wenn man dann gegebenenfalls warten muss.

Die Kleidung ist in Meetings generell von entscheidender Bedeutung. Achten Sie auf eine formelle Businesskleidung. Frauen sollten unbedingt knielange Röcke und keine eng anliegenden Hosen tragen. Zu legere Kleidung kommt einer persönlichen Beleidigung gleich!

Freundliche Verhandlungen

Ostafrikaner verhandeln gut und gerne. Ihr Verhandlungsstil entspricht den Grundsätzen der indirekten Kommunikation. Daher werden Sie beispielsweise kein direktes „Nein“ hören, wenn ein Vorschlag auf Ablehnung stößt. Umgekehrt sollten auch Sie Angebote Ihrer ostafrikanischen Geschäftspartner nicht einfach mit einem beziehungsgefährdenden „Nein danke“ abweisen. Besser ist es, mögliche Alternativen vorzuschlagen. Versuchen Sie zudem, in Verhandlungen Ihre Emotionen zu kontrollieren, in jedem Fall freundlich zu reagieren und dem anderen stets zugewandt zu bleiben.

Paternalistische Führung

In der Projektzusammenarbeit oder bei einem längeren Aufenthalt werden Sie ostafrikanische Unternehmen und Organisationen von innen kennenlernen. Berücksichtigen Sie dabei, dass diese herrschenden gesellschaftlichen Normen entsprechend nach dem Modell der Familie gestaltet sind: Die Autorität ist in wenigen Händen konzentriert, die Entscheidungshierarchie läuft spitz zu. Der Führungsstil ist vorzugsweise paternalistisch (oder regional auch maternalistisch). Ein Vorgesetzter tritt autoritär auf und verlangt von seinen Mitarbeitern Gehorsam und Unterwerfung. Er muss klare Aufgabenstellungen und Anweisungen geben. Eine individuelle Handlungsfreiheit innerhalb eines abgesteckten Rahmens ist in Ostafrika wenig akzeptiert. Andererseits erwarten die Mitarbeiter von ihrem Chef, dass er für sie ständig erreichbar ist und ein freundliches, wenn auch distanziertes Verhalten an den Tag legt. Er soll sich kümmern und den Mitarbeitern beispielsweise in familiären Angelegenheiten weiterhelfen.

In ostafrikanischen Unternehmen wird ein sehr indirekter Kommunikationsstil gepflegt. Zudem muss die soziale Distanz zwischen den einzelnen Hierarchiestufen gewahrt werden. Die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitern ist daher in der Regel sehr formal und folgt streng der hierarchischen Struktur. Sollte beispielsweise die Zurechtweisung eines Mitarbeiters vonnöten sein, so geschieht das in der Regel auf indirekte Weise über „Vertraute“. Denn ein Manager darf einen Mitarbeiter auf keinen Fall durch kritische Bemerkungen bloßstellen.

Konflikte nicht offen austragen

Zwischen Mitgliedern einer sogenannten Ingroup (Teamkollegen, Mitarbeiter einer Abteilung etc.) wird es in ostafrikanischen Ländern unter allen Umständen vermieden, Konflikte überhaupt aufkommen zu lassen. Falls dennoch ein Konflikt entstehen sollte, erfolgt die Beilegung in der Regel auf indirektem Wege. Kommen Konflikte zwischen einem deutschen Manager und ostafrikanischen Mitarbeitern auf, müssen Sie davon ausgehen, dass die Betriebsangehörigen auch sachlich geführte Kontroversen persönlich nehmen. Mit Konflikten ist daher immer auch ein Gesichtsverlust verbunden. Dieser kann wiederum zu Boykotten der gesamten Belegschaft führen, die sich stillschweigend mit den Betroffenen verbündet.

Um Konflikte zu vermeiden, sollte man daher als deutscher Manager versuchen, die eigenen Emotionen zu kontrollieren und sich sorgfältig und indirekt auszudrücken. Negatives Feedback darf nur unter vier Augen gegeben werden. Es ist jedoch in den meisten Fällen empfehlenswert, besser einen erfahrenen Vermittler zu Rate zu ziehen.

Kulturangepasstes Verhalten bei Geschäftsessen

In der beziehungsorientierten ostafrikanischen Geschäftskultur sind gemeinsame Essen von großer Bedeutung. Wird eine Einladung ausgesprochen, so hat diese entweder einen offiziellen oder einen inoffiziellen Charakter. Es gilt als durchaus normal, einfach so bei jemandem vorbeizuschauen – unangemeldet.
Beiden Einladungsformen ist gemein, dass von Gästen erwartet wird, sich kulturangepasst zu verhalten. Eine angebotene Speise sollte nur mit einer guten Begründung abgelehnt werden, etwa weil der Magen nicht mitspielt oder weil man eine Allergie hat. Diese Ausreden werden nicht als „Lügen“ aufgefasst, sondern als indirekte und gleichzeitig höfliche Botschaft verstanden, dass man nichts des angebotenen Essens zu sich nehmen möchte (weil man z.B. Vegetarier ist oder eine Speise als sehr ungewöhnlich empfindet).

Vorsicht vor Fettnäpfchen: Wir Deutschen haben beispielsweise die Angewohnheit, an Essen zu riechen und den Duft tief einzuatmen. Damit möchten wir signalisieren, dass eine aufgetischte Speise gut riecht und wir uns darauf freuen. In Ostafrika gilt das als Fauxpas. Das Riechen an Essen wird mit Tieren assoziiert und gilt als sehr unzivilisiertes Verhalten.

Wichtig zu wissen ist auch, dass ostafrikanische Mitarbeiter von Europäern oft erwarten, dass sie für das gemeinsame Essen im Restaurant die Rechnung übernehmen, vor allem dann, wenn sie das Essengehen selbst vorschlagen haben. Das liegt nicht etwa daran, dass der Europäer mehr Geld hat, sondern dass generell von Vorgesetzten erwartet wird, dass sie sich auch finanziell und familiär um ihre Mitarbeiter kümmern.

Autorin: Tupoka Ogette

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