Harte Schale, weicher Kern?

Beschäftigen Sie sich schon ein wenig länger mit dem Thema interkulturelle Kommunikation, sind Ihnen sicherlich schon einige bildhafte Vergleiche begegnet, um kulturelle Unterschiede zwischen Menschen zu beschreiben. Da gibt es beispielsweise das Eisberg-Modell, welches sichtbare und unsichtbare kulturelle Merkmale abbildet. Sichtbar oberhalb der Wasseroberfläche bilden Verhalten, Kommunikation und Umgangsformen die Spitze des Eisbergs. Unterhalb der Wasseroberfläche, und damit auf den ersten Blick nicht sichtbar, liegen unbewusste Einstellungen und Werte, die Menschen im Laufe ihrer Sozialisation internalisiert haben.

Vielschichtige Kulturzwiebel

Ähnlich funktioniert auch das Modell der Kulturzwiebel nach Hofstede. Die äußerste Schicht der Zwiebel beschreibt leicht erkennbare Symbole einer Kultur, wie z.B. das christliche Kreuz. Auch Kleidung, Essen, Bilder und Sprache formen diese Schale der Zwiebel. Die zweite Schicht des Zwiebelmodells bezieht sich auf Helden und Vorbilder, sogenannte Personifizierungen kultureller Bedeutung. Darunter befindet sich die Schicht der Rituale, also sich regelmäßig wiederholende Tätigkeiten, wie Begrüßungs- oder Abschiedsrituale oder auch der Umgang mit Trauer, Freude, Anerkennung und Macht. Auf der nächst tieferen Zwiebelschicht finden sich Werte und Normen. Sie beschreiben, was Menschen einer Kultur als „gut“ oder „schlecht“ beurteilen, und spiegeln sich überall in Vorschriften und Sanktionen wieder. In der deutschen Kultur resultieren daraus sogenannte Tugenden, wie Fleiß, harte Arbeit, Pünktlichkeit, Ehrlichkeit und Gerechtigkeit. Den tiefen Kern der Kulturzwiebel bilden die Grundannahmen, auf deren Basis universell gültige Aussagen getroffen werden. Diese Aussagen werden von den Mitgliedern des jeweiligen Kulturkreises uneingeschränkt akzeptiert und nicht mehr hinterfragt.


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Pfirsich oder Kokosnuss?

Für das kommunikative Verhalten von Menschen aus unterschiedlichen Kulturen lässt sich das Modell von Pfirsich und Kokosnuss nach Susanne Zaninelli heranziehen. Es beschreibt ursprünglich die kommunikativen Unterschiede zwischen Deutschen (=Kokosnüsse) und US-Amerikanern (=Pfirsiche). Zu den Pfirsichen zählen aber auch viele andere Kulturen.

Pfirsiche sind außen weich, riechen süß, sind eher klein und haben einen harten Kern. Die großen Kokosnüsse hingegen wirken durch ihre harte äußere Schale schroff und wenig ansprechend. Innen sind sie jedoch nicht nur weich, sondern milchig.

In der Kommunikation sind Menschen, die einer Pfirsich-Kultur angehören, leicht zugänglich, offen und freundlich. Aber an ihren inneren Kern kommt man so schnell nicht heran. Dazu muss man sich erst mittels Small Talk, gemeinsame Aktivitäten und zahlreiche Geschäftsessen durch das süße Fruchtfleisch essen. Menschen aus einer Kokosnuss-Kultur hingegen geben sich im Vergleich zunächst schroff und verschlossen. Sie geben ihr Inneres nicht preis. Hat man ihre harte Schale jedoch mit einer gewissen Kraftanstrengung erst einmal geöffnet, so zeigen sich auch hier süßere Eigenschaften, wie Freundlichkeit, Freundschaftlichkeit und Offenheit.

Harte Schale, weicher Kern ist kein Erfolgsrezept!

Mit diesem Modell vor Augen fällt die Erkenntnis nicht schwer, dass Deutsche im internationalen Geschäftsleben oft zu hart und abweisend wirken. Erst nach einer gewissen Zeit sind sie bereit, sich zu öffnen. Das kann aber für US-Amerikaner und andere „Pfirsiche“ zu spät sein, wenn sich ihre weiche Schale bereits an der rauen Kokosnuss verletzt hat: Die deutschen „Kokosnüsse“ wirken so unsympathisch und abweisend, dass man sich eine gute Geschäftsbeziehung mit ihnen kaum vorstellen kann.

Umgekehrt sind Deutsche oft vom „süßen“ Verhalten ihrer neuen internationalen Geschäftspartner betört – und später bitter enttäuscht, wenn sie schließlich auf einen harten Kern stoßen. Häufig dringen sie aber auch gar nicht weit genug vor, denn für Deutsche ist die Kommunikation mit „Pfirsichen“ oftmals nicht ernsthaft genug. Alles wirkt zu unverbindlich, also kann man sich eine gute Geschäftsverbindung ebenfalls nicht vorstellen. Eine Kooperation kommt nicht zustande, der stabile, harte Kern der ausländischen Geschäftspartner wird gar nicht erst offengelegt.

Pflegen Sie Ihre Pfirsichhaut!

Für Deutsche im internationalen Geschäftsleben gilt es also, die harte Kokosnussschale bereits bei der Geschäftsanbahnung abzulegen und auf eine schöne, duftende „Pfirsichhaut“ hinzuarbeiten. Lockerer Small Talk – manchmal auch als Süßholz raspeln verschrien – und ein freundlicher Umgang versüßen nicht nur das Geschäftsleben, sondern geben schließlich den Kern der Sache frei.

Autorin: Katrin Koll Prakoonwit – Bevor sie sich als Journalistin selbständig machte, schrieb Katrin Koll Prakoonwit Länderanalysen für die FAZ. Heute arbeitet sie für Publikationen verschiedener Beratungsunternehmen und Verlage. Frau Koll Prakoonwit lebt in Reading, Berkshire, bei London.


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